Freitag,den 19.12.2014
REGEN,Regen,Regen….Cecile meint,daß ein neuer Taifun im Anmarsch ist (hier gibt’s bis zu 20
-kleinere-Wirbelstürme im Jahr).Lassen wir uns überraschen.
Es ist 8 Uhr abends,Wir haben uns in einer schönen,halboffenen ,ehemaligen Priesterhütte zur
Nacht gerichtet: Im Hauptraum haben sich wieder mal alle mit ihren Moskitonetzen breitgemacht.
Ich hab mir auf dem luftigerem „Balkon“ (heute tagsüber wars mein Ambulanzraum) mein neues Moskitozelt aufgebaut und erlebe diese Nacht hoffentlich komfortabel.
Wir wohnen direkt neben der Kirche und als mir eröffnet wurde,daß auch hier morgens um 3 Uhr
kirchliche Tagwacht ist,hab ich das riesige,aufgehängte Metallstück ,das hier geschlagen wird und die Glocke ersetzt, mit dem alten T shirt einer meiner Damen ummantelt…Es wird nichts nützen,ich weiß!. Aber allein das Gefühl,ein Zeichen gesetzt zu haben,erfüllt mich mit einer tiefen-sicherlich äußerst primitiven- ZUFRIEDENHEIT **lächleselbstverliebt*! (es geht mir gut!)
Wir sind hier irgendwie am Ende der Welt.
Nach 3 Stunden Fahrt,“über die Berge,bei den sieben Zwergen“ sind wir in einem Räuber- oder Fluchtnest gelandet: in einem tiefen,sehr engem,kleinen Talkessel mit Fluß und total durchgerosteter Hängebrücke.Die urwaldartigen Grünpflanzen,riesige Palmen,wucherndes Riesengebüsch an den steilaufragenden Bergen ringsum,scheinen das bißchen Himmel fast zu schließen.. Und der Regen macht alles noch viel dunkelgrüner,leuchtender… eine eigenartige,schöne Stimmung…
Natürlich haben wir auch gearbeitet:
Rolf hat es sich mit Ronaldo, unsrem Fahrer,unter dem Vordach der Kirche „gemütlich“ gemacht („“das Licht ist einfach besser“…,nix da: der Blick ist einfach wunderschön).Rolf hat Ronaldo innerhalb zweier Tage zu einem begeisterten, immerstrahlenden Zahnarzthelfer gemacht! Die beiden sind ein perfektes Team!
Rolf reißt Zähne,aber vor allem abgefaulte Zahnstumpfen, im Akkord.Manchmal eine halbe Kiefernhälfte auf einmal.Ich glaub,es tut ihm manchmal selbst weh,nicht konservieren zu können,sagt er jedenfalls (es traue einer den Zahnärzten…*grins*).Aber seine Arbeit ist wirklich effektiv: keine wochenlange Zahnschmerzen mehr;auch wenn nach seinen Eingriffen ein 30jähriger
ohne Zähne wie ein 80 jähriger aussieht…. Außerdem ists wirklich Knochenarbeit!Ein toller,engagierter Typ -etwas anders,wie alle hier draußen-,der sich mit seinen 54 Jahren noch die Zeit nimmt,aus seiner Gemeinschaftspraxis immer wieder für 6 Wochen auszubrechen!
Ich hab bei der Anfahrt das Tal gesehen,die an die Bergwänd geklebten Holzhütten, den Dauerregen;die Wärme gespürt und gewußt: es gibt Arbeit,und alle werden „pfeifen“.Klar! Kinder und Säuglinge wieder ohne Ende ,aber diesmal auch Erwachsene: asthmatoide Bronchitiden, asthmatische Dauerkranke,Lungenentzündungen bei den Kleinen, „was das Herz begehrt“… Wieder kamen die Patienten,besonders die Kleinen,bis zu 3 Stunden aus den hohen Bergen.Ich konnte mir die regennassen,glitschigen,steilen Pfade durch den Wald richtig vorstellen…,für mich ein Horror! Die Mangyans aber: ruhig (kein Gedrängel wie bei uns in der Praxis lächel,),erduldend,freundlich-distanziert!
Mensch,was geht’s uns allen doch gut!
Mich hat besonders eine kleine,ganz lieb lächelnde,ausgemergelte Mangyanfrau berührt: 40 Jahre alt , 32 kg schwer, 9 Kinder von zwei Ehemännern (der erste ist abgehauen,was hier sehr häufig vorkommt).
Sie lebt hier in den Bergen,ca 3 Stunden Fußmarsch entfernt und war hier mit ihrem 9 Monate altem Zwillingskind wegen einer schweren asthmatoiden Bronchitis des Kleinen…
Sie geht übrigens jeden Tag mit ihrem Mann eine Stunde lang,um dann ihre Feldarbeit zu verrichten
mit den Kindern und dem Ehemann…
Wir alle,die das lesen,hatten nur das Glück,in die richtige Familie geboren zu sein!
Hier ist natürlich kein Internet,kein GPS oder Telefonempfang.Deshalb kann ich auch keine Bilder verschicken,und auch nicht diesen Bericht.Wird alles die nächsten Tage nachgeholt.Morgen arbeiten wir hier irgendwo in der Gegend und am Abend geht’s wohl wieder nach Soccoro,in unsren derzeitigen Stammplatz.
Tja: Es ist inzwischen halbzehn.. Im Großschlafzimmer nebenan scharcht jemand sanft vor sich hin.
Rolf hat sich auch schon verzogen und ich speichere jetzt gleich diesen Bericht ab,trinke noch einen verdünnten Gin und träume mich noch ein wenig in private Gefilde…im frisch eingeweihten,neuen Moskitozelt.
Es tröpfelt nur noch wenig aufs Blechdach;vorhin hatte sich doch tatsächlich ein Glühwürmchen hierher verirrt,die Grillen draußen halten einen permanenten,angenehmen,Dauergeräuschpegel,fast kitschig-romantisch…nein,es ist einfach gut!
Gute Nacht!