Donnerstag, 09.01.14

Die Zeit läuft mir davon…

Vor einigen Tagen hatte sich in mir plötzlich das Gefühl breit gemacht,daß die Sache hier eigentlich ausgelutscht ist.Die Südtour hatte jeden Tag mit einer neuen Umgebung aufgewartet,öfters verschiedene Stämme der Mangyans und auch die Lendenschurzgestalten hatten mir den Eindruck vermittelt,in einer ganz anderen Welt zu leben.

Hier im Norden fahren wir nun den riesigen Gebirgszug an und ab;die in den wolkigen und oft verregneten Bergwald hängenden Bergdörfer ähneln sich alle.Die Armut ist auch hier im wahrsten Sinn des Wortes mit Händen zu greifen.Die Kleidungsstücke sind fast alle alt und zerrissen,die der Kinder eigentlich immer zu groß aber immer ziemlich sauber,es wird überall vor den Häusern gewaschen.Die Häuser sind zum Teil aus Stein gebaut und überall gibt es Strom.

Während im Süden der Großteil der Patienten aus den tiefen,unwirtlichen Bergen kamen,sind sie hier in der Minderheit.

Lallyn,meine Mangyaninterpraterin,meint,daß sie wegen des Regens nicht die Steilhänge runterkönnen,weiß aber,daß bis in den höchsten Bergregionen einzelne Stämme wohnen,zum Teil so isoliert lebend,daß selbst sie die Sprachen nicht mehr versteht.

Sie selbst stammt aus einem Stamm im Süden,4 Fußstunden entfernt von der Ebene,hoch in den Bergen „es war immer kalt und zugig“…Ihr Vater war gestorben,als sie 6 Jahre alt war,sie war die älteste von drei Geschwistern.Die Mutter hatte dann mit ihrem Stiefvater nochmals 4 Kinder.Sie lebten und schliefen alle in einer Hütte mit nur einem Raum „wir drei Geschwiser unter

einer Decke und meine Stiefgeschwister unter der anderen…“Sie ging zwei Stunden einen Weg in die Schule und hatte dabei den ganzen Tag nur eine Art Kartoffe zu essen;abends in der Dunkelheit wieder alleine zurück,schon als kleines Mädchen.Neben der Hilfe im Haus lernte sie dann abends noch und morgens um 5 gings wieder raus.Durch die Fürsprache und der Hilfe ihrer Lehrerinnen

hatte sie die Möglichkeit,aufs Gymnasium zu gehen und Hebamme zu lernen;mußte sich aber dabei

immer Geld verdienen für Unterhalt und Fahrten.Sie ist bis heute die einzige aus ihrem Dorf,die es so weit gebracht „man muß schon viel Mut haben und ein kämpferisches Herz,um das alles durchzustehen…“Dazwischen wurde sie noch von ihren Eltern-das ist so üblich- verheiratet ,mit einem ungeliebten Mann,schwanger abgehauen,war mit dem -jetzt 6-jährigem- Mädchen ins Dorf zurück,hat ihrer Mutter gedroht,nie wieder zurückzukommen,wenn sie bei dem Mann bleiben muß und hatte ihre Ausbildung fertiggemacht.

Heute lebt sie mit einem Halbmanyan zusammen,hat noch ein einjähriges Kind mit ihm,wohnt hier in der Stadt und ist ein hochangesehenes,äußerst kompetentes Mitglied unsres Mindoroteams!

Das war nur die Kurzfassung;eigentlich ein filmreifes Thema.

Dabei ist dieses kleine Energiebündel von einer solchen tiefen Freundlichkeit,sprüht vor Lebensfreude und bringt die ganze Manschaft mit ihren Geschichte jeden Morgen schon zum Lachen.

Die Arbeit mit ihr macht Riesenspaß,weil sie mit einer solchen Inbrunst und Zuwendung zu ihren „Angehörigen“ lebt.Sie erklärt bis ins Kleinste gestenreich …“die meisten können ja nicht Lesen …“ mit einer Engelsgeduld.Ein Schatz!!!

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Dieser Lebenslauf ist auch deshalb wichtig,weil es erklärt,wohin ein Teil eures Spendengeldes hingeht:

Gestern waren wir in einem Dorf,jetzt schon etwas weiter in diesen unwirtlichen Bergen drin.Die letzten Tage landen wir immer wieder in schroffen Tälern,durch richtige Flüsse geteilt und immer durch absolut marode Hängebrücken verbunden.

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In diesem Dorf existiert eine von zwei Internatsschulen,welche auf die Bergmangyans zugeschnitten sind.Sie gehen dort natürlich auf die Schule,evtl bis zur Studierfähigkeit,lernen aber vor allem praktische Arbeiten,wie Anpflanzen neuer Getreidesorten und deren einfache Verarbeitung,Kaffeeanbau-der mehr Geld bringt- und …sie haben genügend und ausgeglichenes Essen!

Team der Mangyanschule

Team der Mangyanschule

Lallyn kennt sie alle und ist ganz begeistert von ihrer Arbeit-übrigens alle selbst Mangyans-

in der „Kaffeeschule“

in der „Kaffeeschule“

 

 

 

 

 

 

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ein Teil des Gabäudekomplexes

ein Teil des Gabäudekomplexes

 

nach Aussage von Lallyn eine korruptionslose und sehr sinnvolle Einrichtung!

 

 

 

Zur Arbeit;na,in diesem Dorf gings wieder ziemlich geruhsam zu.Daß ich aber wirklich arbeite,hb ich als Beweis mal ein Bild davon reingestellt:

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Mutter  88 Jahre,  Tochter 59 Jahre

Mutter 88 Jahre,
Tochter 59 Jahre

 

 

 

 

 

 

wir hatten deshalb auch mal ein wenig Zeit,uns umzusehen:

Singernähmaschine in einem kleinen Laden am Ende aller Fahrwege

Singernähmaschine in einem kleinen Laden am Ende aller Fahrwege

alle Hängebrücken sind in diesem Zustand

alle Hängebrücken sind in diesem Zustand

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

plötzlich schreit Franco: „ein Drache“!!! und ich:“Sch…,ein kleines Krokodil..“,das Vieh auf einer Sandbank unterhalb der Brücke war ca 1 ½ m lang.

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wahrscheinlich ist es aber eine Leguanart (die laut Wikipedia gar nicht auf den Philippinen vorkommt),ein Pflanzenfresser.Wir arbeiten morgen wieder an einem Fluß und ich wollte eigentlich zum Abschluß baden gehen.

Da ich aber nicht so ganz sicher bin…“s“…liebevolle Begegnung mit einer alten Dame,man könnte uns auch für ein Traumpaar halten

lieb,gell!
lieb,gell!

 

Also,um zum Beginn des Berichtes zurückzukommen.Dieses Gefühl,jetzt eigentlich schon wieder heim zu können,hat sich in der Zwischenzeit-wie ihr merkt-wieder völlig gelegt und ich bin wieder voll drauf!

Heute gings also richtig unangenehm steil rauf und runter,dabei Regen,ins Gebige ,richtig tief rein.

Eine gigantische Landschaft!

Eine gigantische Landschaft!

Eineinhalb Stunden nur Staunen und ein wenig Bibbern…Endpunkt des Weges wieder mal eine Hängebrücke über den bisher größten und reißendsten Fluß.Das Dorf dazu lag am gegenüberliegenden Ufer,dort hätten wir eigentlich Sprechstunde halten sollen;ein Bergdorf aus festen Steinhäusern,richtig alpin,wenn nicht die dichten Palmen drumrum gewesen wären…

„Hätten“…wenn nicht unsre zwei Krankenpfleger nach der zaghaften Anfangsteilbegehung der Brücke

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Lallyn nicht gebeten hätten,zu fragen,ob die Dorfbewohner nicht diesseits der Brücke eine überdachte Notpraxis aufbauen könnten! Ihr Kommentar:“das sind halt Städter,das muß man verstehen…“und hat sich eins gegrinst.

Brückenbilder: das Ganze war natürlich etwas kippelig,glitschig und ein Teil der Brücke war nur notdürftig geflickt

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Lallyn,mein Kasper!...

Lallyn,mein Kasper!…

 

Der Chief war sofort einverstanden und hat mit Hilfe seines Buschmessers schnell ein paar Palmen abgeschlagen,aus der Rinde Schnüre gezwiebelt und in nicht einer Stunde war alles perfekt:

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perfekt:

perfekt:

 

 

Als alles fertig war hatte es natürlich aufgehört zu regnen und schon sind die Kinder dann am Baden gewesen.

 

Die Sprechstunde selbst verlief problemlos…

Eigentlich wieder ein,wie schon der gestrige,ein schöner Tag!

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